Bereits früher berichtete ich in meinem Blog über die Gründe für den Personalmangel in Kinderkrippen und Kinderhorten. Siehe hierzu unten die weiterführenden Informationen. Schon damals hatte ich den Eindruck, dass die allgemeine personelle Situation misslich ist. In der Zwischenzeit spitzte sie sich jedoch weiter zu, so dass sie an vielen Orten untragbar wird.
Im Zusammenhang mit Mandaten von Kinderkrippen und Kinderhorten war ich als Berater da und dort selber von dieser Misère betroffen. Im einen Fall handelte es sich um eine Kita in der Innerschweiz, deren private Trägerschaft ich beraten durfte. Sie kam auf mich zu, weil die Schliessung wegen Personalmangel drohte. In einem zweiten Fall durfte ich eine Kinderkrippe unterstützen, welche Krippenplätze trotz hoher Nachfrage reduzieren musste, weil Personal fehlte. Im dritten Fall ging es um eine grössere Trägerschaft, bei der sich an einem Standort ein ganzes Team innerhalb kurzer Zeit verabschiedete und die Leitung sozusagen allein zurückliess. Und in einem weiteren Fall hatte ich im Rahmen einer Interimsleitung eines grösseren Kinderhorts, bei welchem die Nachfrage nach Hortplätzen «explodierte», selber viele zusätzliche Stellen zu besetzen. Dabei musste ich feststellen, dass Stellen über lange Zeit unbesetzt bleiben.
Was ist also im Bereich der Betreuung los? Wo bleiben alle diese Fachpersonen, die ausgebildet wurden? Welches sind die Gründe für die vielen offenen Stellen?
Ursachen der Personal-Misère
Im Rückgriff auf meinen Blogbeitrag vom 29. Oktober 2018 möchte ich zunächst diejenigen Gründe auflisten, die bereits von der damaligen Laufbahnstudie von SAVOIRSOCIAL festgestellt wurden:
- Das kinderliebende Personal bekommt selber Kinder und gründet eine Familie.
- Die Mitarbeitenden möchten sich in andere Richtungen weiterentwickeln und verlassen deshalb das Berufsfeld.
- Die oft jungen Fachpersonen gehen auf Reisen und nicht alle kommen wieder in den Beruf zurück.
- Viele Mitarbeitende sind mit den Anstellungs- und Arbeitsbedingungen oft unzufrieden.
- Dem Personal fehlt oft die nötige Anerkennung und Wertschätzung seitens Gesellschaft, Trägerschaft und Führungspersonal.
- Das Team leidet an den unbesetzten Stellen, weil es dadurch selber vermehrt gefordert (und teilweise auch überfordert) wird.
- Viele vermissen ein gutes Arbeitsklima, weil sie oft unter Stress arbeiten müssen.
- Einige entwickeln wegen den vielen Belastungen gesundheitliche Probleme und fallen aus.
Zu diesen Punkten kommen aus heutiger Sicht aber noch ein paar weitere Gründe hinzu:
- Während Corona kamen viele Kinderkrippen und Kinderhorte an ihre Belastungsgrenzen. Diese strapaziöse Extremsituation führte bei vielen Mitarbeitenden zu Ermüdungserscheinungen. Auf gut Deutsch hatten viele «die Nase voll» und verliessen den Betreuungsbereich.
- Das Angebot an Krippen- und Hortplätzen wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Vor allem das schulergänzende Angebot ist in den letzten Jahren massiv gewachsen. Somit gibt es deutlich mehr Stellen zu besetzen als früher.
- Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen können Kinderhorte bessere Anstellungskonditionen als Kinderkrippen bieten. Viele Mitarbeitende wandern deshalb in den Hort ab, weil es dort höhere Löhne, attraktivere Arbeitszeiten und mehr Ferien gibt.
- In Zeiten des Lehrer/Innen-Mangels geht die Kettenreaktion sogar noch weiter, weil Hortpersonal aufgrund der gelockerten Bestimmungen in den Lehrer/Innen-Beruf wechselt. Auf diese Weise kannibalisieren sich Schulen, zu denen die Horte gehören, selber.
Somit sehe ich aufgrund dieser Liste mindestens 12 Gründe für die aktuelle Personalnot. Das ist dicke Post und wird nicht so schnell aus der Welt zu schaffen sein. Was lässt sich tun?
Ansätze zur Lösung des Problems
Ich bleibe beim Auflisten und halte folgende Ansätze zur Problemlösung fest:
- Gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen insbesondere für Kinderkrippen verbessern
- Anstellungsbedingungen in Kinderkrippen attraktiver gestalten
- Interessante Arbeitsplätze und Stellenprofile mit Gestaltungsspielraum anbieten
- Qualität der Angebote in Kinderkrippen und Kinderhorten weiterentwickeln
- Kompetente Personalführung gewährleisten
- Massnahmen zur Personalpflege und Personalbindung ausweiten
- Weiterentwicklung der Mitarbeitenden «inhouse» ermöglichen
- Lehrstellenangebot für Fachfrauen / Fachmänner Betreuung ausbauen
- Insbesondere in Kinderhorten Studienplätze für die Ausbildung Kindheitspädagogik und Sozialpädagogik schaffen
- Ausbildungskampagnen starten
Auch diese Liste lässt sich sehen. Es gibt einiges zu tun.
Weiterführende Informationen
In diesem Blog berichtete ich bereits früher über das Problem des Personalmangels. Siehe hierzu die folgenden Beiträge:
Personalmangel und Gründe für die Abwanderung im Sozialbereich
Zürcher Kita-Personalstudie: Brisante Ergebnisse
Personalmangel im Betreuungsbereich: Alles andere als lustig
Schwierige Personalsuche im Sozialwesen
Fachkräftemangel im Sozialbereich