Blick hinter die Kulissen der Krippenaufsicht

Über die Arbeit der Bewilligungsinstanz von Kinderkrippen erfährt man in der Öffentlichkeit eher wenig, deshalb ist ein Blick hinter die Kulissen der Krippenaufsicht aufschlussreich und interessant. Die Krippenaufsicht ist für die Betriebsbewilligung von Kinderkrippen, teilweise auch von privaten Kinderhorten, zuständig. Sie sorgt dafür, dass die gesetzlichen Vorschriften und Mindestrichtlinien eingehalten werden.

Anfrage aus dem Gemeinderat von Zürich

In der Stadt Zürich, in der es über 300 Kinderkrippen gibt, sind aktuell fünf Fachpersonen für die Bewilligungen und Einhaltung der Richtlinien verantwortlich. Das ist nicht gerade viel. Um Licht in die Arbeit der Krippenaufsicht zu bringen, formulierten zwei Gemeinderätinnen, Anjushka Früh und Katharina Prelicz-Huber im Juni 2018 eine schriftliche Anfrage an den Stadtrat von Zürich. Sie umfasst fünfzehn sehr interessante Fragen zur Sicherung der Qualität in Kinderkrippen.

Die Antworten auf die Anfrage liegen seit September in Form eines Auszugs aus dem Protokoll des Stadtrats vor. Brisant: Obwohl der Aufwand der Krippenaufsicht in Form von Betriebseröffnungen, Bewilligungserneuerungen, Angebotserweiterungen und Aufsichtsbesuchen in den letzten Jahren stark zugenommen hat, wurden die Personalressourcen nicht im gleichen Mass angepasst. Den Mitarbeitenden der Krippenaufsicht der Stadt Zürich stehen lediglich 360% Stellenprozente zur Verfügung, was deren Arbeit nicht leichter macht.

Durchschnittlich 50 Meldungen pro Jahr

Diese knappen Ressourcen stellen insbesondere mit Blick auf Meldungen und Beanstandungen aus dem Umfeld der Kinderkrippen eine grosse Herausforderung dar. In den letzten fünf Jahren erhielt die Krippenaufsicht insgesamt etwa 250 Meldungen. Das sind durchschnittlich 50 Meldungen pro Jahr. Ungefähr 60% dieser Meldungen stammten von Eltern betreuter Kinder, circa 25% von Mitarbeitenden von Krippen. Der Rest der Meldungen kam von Personen aus dem geografischen, beruflichen oder privaten Umfeld der jeweiligen Krippe.

Ungefähr 80 Meldungen betrafen die Betreuungsqualität. Bei etwa 50 Meldungen ging es um Personalmangel, gefolgt von je etwa 40 Beanstandungen zu einer hohen Personalfluktuation, möglichen Mängeln betreffend Sicherheit und Gesundheit sowie einem unangemessenen Umgang mit dem Personal. Neben den Meldungen zum Thema Betreuungsqualität handelten etwa 60 Meldungen von der Unzufriedenheit der Eltern mit der Information und Kommunikation durch die Kinderkrippe. Weitere Themen betrafen:

  • Vermutete Überschreitungen der Platzzahl (30)
  • Missachtung des Betreuungsschlüssels (17)
  • Qualität der Ernährung (14)
  • die nicht Umsetzung des pädagogischen Konzepts (13)
  • Missachtung der Hygienevorgaben (11)
  • Verdacht auf Misshandlung (8)
  • Unwahre Angaben über Anzahl betreuter Kinder oder Personaleinsätze (8)

Die von der Krippenaufsicht tatsächlich festgestellten Mängel betreffen insbesondere Überbelegungen (Überschreitung der bewilligten Platzzahl oder der bewilligten Anzahl betreuter Säuglinge), die Nichteinhaltung des Betreuungsschlüssels, die fehlende Anwesenheit ausgebildeter Betreuungspersonen und Personalmangel.

Welche Sanktionen kann die Krippenaufsicht ergreifen?

Interessant ist die Frage, über welche Sanktionsmöglichkeiten die Krippenaufsicht verfügt, wenn Kinderkrippen gegen Richtlinien verstossen. Die Aufzählung umfasst folgende Punkte:

  • Vorübergehender Aufnahmestopp neuer Kinder. Dieser wird bei einem festgestellten Personalmangel angedroht.
  • Reduzierung der bewilligten Platzzahl. Diese Massnahme kann bei wiederholtem oder lange andauerndem Personalmangel oder bei dauerhaft oder wiederholt fehlender Krippenleitung zum Einsatz gelangen.
  • Anordnung einer Konzeptergänzung bei Defiziten in der Betreuungsqualität. Dies soll zur fachlichen Auseinandersetzung mit dem bemängelten Themenbereich beitragen.
  • Anordnung einer Fachsupervision bzw. Fachberatung bei erheblichen Mängeln in der Betreuungsqualität. Auch dies bezweckt die fachliche Auseinandersetzung mit dem bemängelten Themenbereich.
  • Erteilung einer Ordnungsbusse von maximal Fr. 1000.- zur Sanktionierung von geringfügigen Verletzungen verwaltungsrechtlicher Pflichten.
  • Auflösung des Subventionskontrakts mit dem Kontraktmanagement der Stadt Zürich.
  • Androhung eines Widerrufs der Bewilligung.

Sollten alle diese Massnahmen erfolglos bleiben – oder erscheinen sie von Anfang an unzureichend – kann die Krippenaufsicht die Bewilligung entziehen. Diese Massnahme wurde in der Vergangenheit allerdings erst einmal angedroht, was angesichts der über 300 Kinderkrippen in der Stadt Zürich sehr wenig ist. Eine Zwangsschliessung musste die Krippenaufsicht in Zürich bisher noch nicht vollziehen.

Dem Protokoll des Stadtrats ist als Beilage die Kriterienliste beigefügt, welche die Krippenaufsicht bei ihren Aufsichtsbesuchen benutzt. Kinderkrippen tun gut daran, sie sich vor Augen zu führen und zur Kenntnis zu nehmen.

 

Quellen und weiterführende Informationen

Schriftliche Anfrage vom 13.6.2018

Auszug aus dem Protokoll des Stadtrats von Zürich vom 12.9.2018 (GR Nr. 2018/222)

Artikel im Tages Anzeiger vom 15.11.2018

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